Nach der Rettungsaktion fahr ich nächsten Tag erstmal zur Tankstelle. Zu Fuß komm ich an der Tankstelle an, mit meinem Tank unterm Arm. Die nette Dame von der Tankstelle fragt mich, was ich wolle. Hier ist kein Self-Service, hier wird man natürlich noch bedient. Fein!
Vollmachen, bitte!
Mit Gasoline for my Dinghy!
Das hat der Gute sich auch verdient.
Die Dame zapft.
Ich zahle 12 Liter Benzin zum Preis von 1,42 Euro.
Zurück am Dock schließe ich den Tank wieder an Roter Oktobers Motor an und starte.
Nix!
Och nö, was ist denn nu schon wieder?
Ich starte, wieder nichts.
Dann viel Rauch, sehr viel Rauch und etwas Geblubbere, dann wieder aus.
Hinterm Motor treiben kleine Ölperlen im Wasser, dazu ein leichter Ölfilm.
Shit – und ausnahmsweise habe ich heute meine Paddel nicht mit dabei. Sonst immer, echt.
Zum Glück kommt Dave gerade ans Dock getuckert.
Wir schnacken kurz über Juri, dann frag ich ihn, ob er mich zurück zu SCOOBY schleppen kann. Macht er natürlich gerne.
Zurück auf dem Boot beratschlagen Diana und ich, was zu tun sei. Hier reparieren oder doch lieber erst nach ANTIGUA rüber und dort weiter schauen. Wir entscheiden uns für ANTIGUA.
Da stehe ich dann auch knappe 48 Stunden später im Office des Antigua Slipways, einer kleinen, aber feinen Marina in ENGLISH HARBOUR. Die Sekretärin ruft den Manager an, verbindet mich, ich sprech mit ihm, er stellt mich zu Gregg, dem Aussenbord-Spezialisten durch. Spreche mit Gregg, beschreib ihm meine Sorgen, er sagt: „No problem. I will be there in two minutes.“
10 Minuten später quietschen Reifen draussen vor der Tür.
Aus dem verdammt tiefer gelegten, Manta-ähnlichen Gefährt mit komplett abgedunkelten Scheiben ruft jemand heraus: „Hey man! Wä is ya dinga, man?“
Rauchwolken steigen aus dem Auto. Im Inneren tiefer Bass.
Es ist Gregg!
Gregg ist wohl so Ende 20 und könnte gerade aus einem Gangsta-Rap-Video aus der Bronx entsprungen sein. Das obligatorische Strumpfhosen-Haarnetz. Sonnenbrille. Ketten. Zu große Basketball-Shorts. Adiletten und dazu weiße Tennissocken.
Gregg ist cool.
Und Gregg ist nett.
Wir sind am Dinghy und ich beschreibe ihm mein Problem.
Er fragt sofort, ob ich Diesel getankt hätte.
Ein bisschen beleidigt antworte ich ihm „Sach ma, Digga! Hälste mich für blöd? ICH tank doch kein Diesel!“
Ach, halt Stopp, warte mal.
ICH hab doch gar nicht getankt.
Was war mit der blöden Zapfsäulen-Schlampe drüben in Guadeloupe?!
Was wenn die?
Nö…
Gregg startet Roter Oktober, hört ihn husten.
Öffnet seinen Tank, nimmt nen Schluck und guckt dann unmissverständlich zu mir rauf: „It´s Diesel, my friend! It´s Diesel!“
Diese saublöde Franzosenschlampe!
Der Spaß ist schnell repariert – kostet mich aber alles in allem 80 Dollar und die Kohle fürs Benzin, das keines war, ist natürlich auch noch futsch!
Mit frischem Benzin im Tank tuckere ich zurück zu SCOOBY.
Auf halber Strecke bemerke ich ein leises, aber unüberhörbares Gezische und Geblubbere. Und im selben Augenblick lehnt sich das Dinghy schräg nach links und die linke Luftkammer fällt in sich zusammen. Ich dreh mich nach hinten und sehe am Ende der Schlauchkammer, direkt an der Wassergrenze, Blasen aus einem ca. 5-Mark-Stück-großen Loch raus zischen! Fuck, jetzt sinke ich auch noch!
Als ich SCOOBY erreiche, ist die Luft aus der einen Kammer ganz draussen, in der zweiten ist nur noch die Hälfte drin. Ich muss Roter Oktober mit zwei Seilen längsseits an SCOOBY sichern, damit mir der alte Knabe nicht untergeht.
„Irgendwie ist grade der Wurm drin!“ sagt Diana. „Und immer ist was!“ flucht sie.
Der Dinghy-Kleber kostet mich sage und schreibe 100 Dollar. Dem erschrockenen Kassierer wäre ich beinahe an die Gurgel gesprungen! Nach heftigem Gepöbel erstattet er mir zumindest die 15% Mehrwertsteuer.
Nach mindestens 20 Flickversuchen behält das Dinghy jetzt seine Luft für ca. 24 Stunden.
Nicht gut, aber immerhin.