Wo soll ich anfangen?
Was soll ich schreiben, ohne dass dies der längste Blog-Eintrag der Welt wird? Wie soll ich das Erlebte in Worte fassen?
Wir waren auf DOMINICA angekommen, Diana´s „Ziel“.
Ab hier dürfte nur noch ich bestimmen, wo wir weiter hinsegeln. Sie könnte sich sogar einen weißen Strand vorstellen, mit ein paar Beachbars drauf, die ich besuchen dürfte. Vielleicht sogar mit Fußball-Übertragung. Aber vorher, vorher müsste ich noch mit ihr DOMINICA erkunden.
Über DOMINICA hören wir Geschichten seit unserem ersten Tag in der Karibik. Meistens von Leuten, die noch nie da waren.
DOMINICA sei wild. Und touristisch gar nicht erschlossen. Und gefährlich. Und unglaublich dicht bewaldet. Aber vor allem sei es atemberaubend schön.
Und um mich kurz zu fassen: all das stimmt – hoch 10.
Nur das mit dem „gefährlich“ können wir nicht bestätigen.
Der Reihe nach.
Wir kommen in PORTSMOUTH an. Traumhafter Hafen. Weite Bucht. Weißer Strand. Wenig Häuschen. Freundliche Menschen. Und ein grandioser Blick hinauf in die saftig grünen Berge DOMINICAS. Da oben ist keine Strasse zu sehen, kein Dorf, keine Lichtung, nur unendlicher Wald hinauf bis zu den fast 2.000 Meter hohen Gipfeln!
„Wahnsinn!“ sagt Diana.
Wir lernen Albert kennen. Er soll uns morgens um 7 den INDIAN RIVER mit seinem Boot hinauf rudern. Ich dachte die ganze Zeit, das ist bestimmt ´son Touri-Scheiss. Aber Marion und Harald und auch Lilly und Tomaz, die wir hier auf DOMINICA wiedergetroffen haben, ermutigen uns, den Trip zu machen, denn der sei unvergleichlich. OK, also.
Und als uns Albert um 7 mit seinem Boot von SCOOBY abholt und wir im ersten Sonnenlicht direkt vom Meer in den Fluss einbiegen, geht uns das Herz auf! Noch nie, NIE, hatten wir so was gesehen! Du ruderst bei absoluter Stille in ein Riesensumpfgebiet einen kleinen spiegelglatten Fluss hinauf. Du bist der einzige Mensch. Und der Rest ist verwunschene, überquellende Natur! Einzigartige Bäume, mit einzigartigen Wurzeln, die direkt ins Wasser wachsen und die bizarrsten Formen und Windungen haben. Die ganze Fahrt über muss ich an Ralph denken, der als Natur-Fotograph hier sicherlich 1 Billionen Fotos schießen würde ;-)) Albert erzählt uns, wie sie hier die „Hexenhaus-Szene“ aus „Fluch der Karibik 2“ gedreht haben. Und ja, es gab keinen besseren Ort dafür!
„Waaahnsinn!“ freut sich Diana.
Von der Tour machen wir 2 Tage „Pause“, erkunden das Städtchen und besuchen den Markt, kaufen das leckerste Gemüse der Welt und Thunfisch und Marlin für das frischeste Sashimi. Sowieso: alles auf DOMINICA blüht, wächst und gedeiht. Mangos, Papayas, Avocados, Ananas, Tomaten, Gurken, Gewürze, Kakao, Kaffee, Bananen usw. usw. usw. Und alles schmeckt so vorzüglich!
Am Pfingstmontag fahren wir ganz in den Süden in die Hauptstadt ROSEAU. Dicht dahinter steigen die Berge steil empor und bilden einen undurchdringlichen Regenwald-Wall. In diesen Bergen befinden sich die TRAFALGAR FALLS. Zwei Wasserfälle, die sich beide rauschend in die Grüne Hölle hinab ergießen. Wir steigen hinauf. Und als Diana dann auch noch ihre Füße in einen Seitenarm des Wasserfall-Flusses taucht, ist sie schier aus dem Häuschen: das Wasser ist heiß! Der Bach wird nicht nur vom eiskalten, kristallklaren Wasserfall gespeist, sondern auch von heißen, unterirdischen, vulkanischen Quellen.
„Waaaaahaaansinn!“ gibt Diana als einziges Wort von sich.
Wir machen 2 Tage Pause und nehmen uns dann den Norden vor.
Der WAITUKUBULI-Trail ist angesagt. Das hört sich vielversprechend an, nicht nur weil die lokale Biermarke KUBULI heißt. Wir hiken von PENVILLE nach CAPUCHIN durch einen Urwald aus Mangos und unergründlich grünem Dschungel.
Dicht. Dichter. Waitukubuli.
So wie einst Louis Trenker schneeblind von zu vielen Bergen wurde, fühle ich mich am Abend vollkommen dizzy und haben diesen seltsamen, grünen Schleier im Blick.
In der Karibik soll es manchmal beim Sonnenuntergang ein seltenes Phänomen geben: den so genannten Green Flash. Ein Millisekunden-kurzer, grüner Blitz, der um die Sonne herum entsteht, sobald sie im Meer versinkt. Ein Mal gesehen, soll man danach vollkommen beglückt sein…
Abend über Abend saß ich an der Reling und hatte auf diesen Green Flash gewartet. Immer vergebens…
Aber heute Abend sehe ich ihn zum ersten Mal! Nicht als Flash, sondern als permanente Erscheinung!
„Waaaahaaaaaaansinn!“ murmelt Diana vor sich her.
Weitere 2 Tage Pause oder besser gesagt Erholungsphase waren angesagt. Danach war von Diana der krönende Abschluss geplant.
Im Süden gibt es den EMERALD POOL. Ein natürlicher Pool im Regenwald, gespeist von Gebirgsbächen. Da führt allerdings auch eine Straße hin und auch Kreuzfahrttouristen können eine Tour dahin buchen. Somit kam das für Diana überhaupt nicht in Frage.
Sie hatte aber von irgendwoher gehört, dass es im Norden der Insel einen ähnlichen, wenn nicht noch schöneren Pool geben sollte. Vollkommen unerschlossen. Nicht erreichbar. Irgendwo im Dschungel, versteckt in den Bergen.
DA wollte sie hin.
Also gings morgens los zum CHAUDIERE POOL.
Sämtliche Phrasen über diesen Trip wie „Grüne Hölle“ oder „Grünes Paradies“ oder „Wie in einem botanischen Garten“ oder „Wie auf einem anderen Stern“ erspare ich mir an dieser Stelle. Nur soviel sei skizziert: wir haben irgendwann, irgendwo das Flussbett erreicht. Dann sind wir am Fluss immer weiter bergauf gestiegen. Nein, nicht „am“, sondern „im“. Denn natürlich gab es keinen Weg entlang des Flusses, sondern nur noch undurchdringlichen Dschungel und steile Hänge.
Wir erreichen den Pool, eine Stelle, wo ein Wasserfall in die Tiefe stürzt und den Fels unten ausgehöhlt hat. Das Wasser darin sprudelt wie Champagner. Wir gehen weiter, immer weiter. Schlagen uns durch weiter nach oben. Irgendwann geht es wieder nicht mehr weiter.
Doch heute ist das OK.
Wir baden in den Fluten dieses eiskalten Gebirgsbaches, der Mitten durch den Dschungel fließt. Die Strömung ist stark. Große, runde Felsbrocken bilden Stromschnellen. Wilde Fische im Wasser. Das Wasser schmeckt erquickend. Es belebt unsere müden Körper. Wir sind nackt. Wir lieben uns. Das kalte Wasser kühlt unsere heißen Körper. Wir fühlen uns wie neugeboren.
„Waaaahaaaa – aaannnsinnnnn“ raunt Diana leise.
„Wahnsinn, dieses DOMINICA“.
Und Recht hat sie.