Als wir SCOOBY erreichen, passiert das erste Mal genau das, was ich auch gedacht hatte: Freundinnen, die so weit von einander entfernt sind, aber doch echte Freundinnen sind, begrüßen sich überschwänglich und plötzlich ist alles sofort so, als ob sie sich nie aus den Augen verloren hätten, geschweige denn alle drei auf unterschiedlichen Kontinenten wohnen würden.
Alles ist wie immer. Und Diana ist so stolz auf ihre Freundinnen:
Zuerst ist da Sandy.
Sie kommt für eine Woche ihre Freundin in der Karibik besuchen und lässt dafür ihre Tochter zurück. Und nicht nur das. Für eine Woche! Ihren Mann, ihre Firma, ihre Welt – Chapeau, das muss man erstmal bringen!
Und dann ist da Betty.
Sie fliegt ziemlich exakt ein Mal um den halben Erdball ans andere Ende ihrer Welt, in 37 Stunden. Mit Mao hat sie längst ihren Frieden gemacht, kann sich aber dennoch nicht von Shanghai lossagen. Auch, wenn sie sagt, dass sie gehen will und die Ausbeutung nicht mehr ertragen kann. Aber es gibt neue Pläne, die sich spannend anhören…
Das Wiedersehen wird standesgemäß mit Champagner begossen.
In den nächsten beiden Tagen ist leider erstmal nicht an segeln zu denken.
Zum einen schmerzt das Knie.
Zum anderen haben wir viel Wind. Mal wieder. Immer noch diese Christmas-Winds. Meine Güte, wann lässt bloß endlich mal dieser Wind nach?
Dann legen wir langsam los. Es folgen ein paar schöne Badetage, die Mädels quatschen stundenlang am Strand. Dann weise ich die beiden neuen Leichtmatrosen ins Segel-Einmaleins ein und gebe fortan nur noch zackige Kommandos an Deck. Der Spaß daran macht die Knieschmerzen fast vergessen. Und was am Anfang etwas hakt, spielt sich schnell als doch recht brauchbare Crew ein. Nicht schlecht, diese Landratten.
Dann, am vorletzten Tag von Sandy, passiert´s:
Wir segeln gerade zurück von ILE TINTAMARRE, wo Betty sich für das Studium der Meeresschildkröten interessierte. Zwischen dem Channel von ANGUILLA und ST. MARTIN herrschen ideale Bedingungen. Von hinten schieben immer noch mächtige 20 bis 25 Knoten Wind und lange 3 bis 4 Meter hohe Wellen. Wir sind affenschnell. Betty versucht sich am Angeln, doch will so recht nichts beißen. Mit langer Leine zieht sie den Köder hinter SCOOBY hinterher…
Wir müssen halsen – quasi eine Wende mit dem Heck des Bootes durch den Wind. Diana macht sich bereit, wir fangen an. Dann bemerkt sie, doch die Leine von Betty etwas einzuholen, damit sie sich nicht unterm Kiel von SCOOBY verheddern würde, was schon mal passiert war und mich einen schönen Köder kostete. Die halbangefangene Halse wird nicht zu Ende gefahren, ich versuche Betty beim Einholen zu helfen. Da erwischt uns plötzlich eine ganz fiese Böe von schräg hinten und parallel schiebt uns ein Riesenbrecher quer dagegen. SCOOBY eiert, Diana hält dagegen, aber es ist nichts mehr zu machen. Wind und Welle beenden die halb angefangene Halse von selbst – nur stehe ich nicht an der Großschot, um den Baum zu bremsen, sondern an Betty´s Angel. SCOOBY hebt seinen Arsch, dreht sich fast in Zeitlupe quer und der Baum schlägt mitsamt dem Großsegel ein Mal von der linken Seite ungebremst quer rüber auf die rechte Seite.
Ungebremst.
KAWUMMS!
Es knallt und die massiven Stahl-Schäkle reißen mitsamt der Blöcke aus dem Baum. Die Großschot fliegt über Bord und das Segel flattert hämmernd frei über der tosenden See.
FUCK, das wird teuer, denke ich mir!
SCOOBY eiert wie ein angefahrenes Rehkitz auf die nächste Welle zu. Das Segel schlägt, der Baum knallt gegen die Wanten. Die sonst so mutigen PowerPuffs gucken mich plötzlich alle nicht mehr ganz so mutig an. Und haben dieses „Mach-Ma-Was!“ in ihren Blicken.
Ich setze meine „Macht-Euch-keine-Sorgen-das-haben-wir-hier-öfter-und-ist-gleich-gelöst“-Miene auf und überlege fieberhaft, wie ich humpelnder Weise bei diesem Wetter das verfluchte Segel geborgen kriege. Immer nur schön lächeln und nichts anmerken lassen.
Und irgendwie geht´s dann auch und wir bekommen die Lage wieder in den Griff. Nur an Segeln ist nicht mehr zu denken. Mist.
Abends gibt´s im CALMOS ein Extra-großes Bier für mich und die drei Mädels machen ein letztes Mal zusammen Party.
Denn schon am nächsten Tag fahre ich Sandy wieder zum Flughafen.
Sie hat Farbe bekommen. Sie schweigt zwar fast die ganze Überfahrt, aber ich meine, ein ganz feines Lächeln der Zufriedenheit auf ihren Lippen erkennen zu können. Dann ist auch der Abschied am Flughafen lieber hanseatisch höflich und schnell, damit wir beide jetzt bloß nicht noch heulen wie die ollen Waschweiber.
Großartig, dass Du da warst – ich weiß, wie sehr Du drum kämpfen musstest!
Die nächsten Tage stehen im Zeichen der Segelreparatur. Betty und Diana verbringen die Zeit mit Landausflügen nach PHILIPPSBURG und zur ILE DE PINEL. Nach 610 Dollar ist dann alles repariert und es gab auch gleich noch eine neue Großschot. Dann kann die nächste Halse ja kommen…
Und auch der letzte Abend mit Betty ist schon gekommen. Nach ausführlichem Probesegeln – Betty steuert und macht über 7 Knoten Fahrt! – gibt es nochmal einen traumhaften Sonnenuntergang in MARIGOT, der Champagner fließt in Strömen und zu später Stunde wird sogar noch von Captain Ahab himself humpelnder Weise das Tanzbein geschwungen – mit Betty zu mallorcinischen Salsa-Rhythmen. Ja, Mallorca ist auch schon eine tolle Insel… Nur Mut! Aber das ist eine andere Geschichte…
Mach´s gut Betty!
Mach´s gut Sandy!
Es leben die PowerPuffs – FRIENDS FOREVER!